Geteilte Leitungsverantwortung als Perspektive für die Zukunft

Online-Forum in der Reihe „Kultur im Wandel“ stellte das Modellprojekt „Pastorale Räume gemeinsam leiten“ vor

„Das Miteinander in Pastoralen Räumen wird sich zwangsläufig verändern.“ Mit dieser Feststellung eröffnete Dr. Rainer Hohmann aus dem Erzbischöflichen Generalvikariat die erste Veranstaltung der Reihe „Kultur im Wandel“ nach der Sommerpause. Das Online-Forum des Bildungs- und Tagungshauses Liborianum fand Ende August statt und stand unter der Überschrift „Pastorale Räume gemeinsam leiten“.

Hohmann, Leiter der Abteilung Personalentwicklung im Bereich Pastorales Personal, nannte als wichtigste Gründe für die kommenden Veränderungen die drastisch sinkende Zahl an hauptberuflichem pastoralem Personal sowie neue Formen ehrenamtlichen Engagements. Das habe auch Auswirkungen auf die Leitung der Pastoralen Räume. Aus diesem Grund habe das Erzbistum ein auf drei Jahre angelegtes Lernprojekt ins Leben gerufen. Dies solle in einzelnen ausgewählten Pastoralen Räumen Formen geteilter Leitungsverantwortung in die Umsetzung bringen.

 

Die Leitung Pastoraler Räume erfordert Geschick

„Pastorale Räume sind hochkomplexe Gebilde, die aufgrund ihrer unterschiedlichen inneren Aufstellung von ihrer Leitung viel Geschick erfordern“, erklärte Dr. Hohmann, der das Modellprojekt gemeinsam mit Alina Sivaraj aus dem Bereich Pastorale Dienste leitet. Während die Leitung der Verwaltung bereits klar geregelt sei, seien die pastoralen Führungslinien immer noch zentral auf den jeweiligen Pfarrer ausgerichtet, so der Projektkoordinator. Daraus ergibt sich für das Projekt die ausschlaggebende Frage: Wie lässt sich pastorale Verantwortung teilen?

Die möglichen Modelle, die zugleich auch kirchenrechtskonform sind, lassen sich durch zwei verschiedene Perspektiven unterscheiden:

  1. Gemeinsame Leitung im Pastoralen Raum
  2. Gemeinsame Leitung des Pastoralen Raums

Geht es um die gemeinsame Leitung im Pastoralen Raum, lässt sich Verantwortung entweder territorial teilen, also bezogen auf Ortschaften oder Kirchtürme. Die andere Möglichkeit besteht darin, Leitungsverantwortung zu bestimmten pastoralen Themen zu teilen, etwa Trauerbegleitung oder Firmvorbereitung.

Für die gemeinsame Leitung des Patoralen Raums gibt es vier unterschiedliche Modelle, die über den Testzeitraum von drei Jahren erprobt werden sollen.

 

Gemeinsame Leitung zu zweit oder zu dritt

Im ersten Modell teilt der Pfarrer die Leitungsverantwortung mit der Verwaltungsleitung. Dies sei das aktuelle Standardmodell, erklärt Svenja Hoffmann, die in Vertretung für Alina Sivaraj gemeinsam mit Dr. Hohmann das Projekt vorstellte. Neu ist das zweite Modell. Hier wird die Verantwortung um eine dritte Person ergänzt, die die Rolle der pastoralen Koordination übernimmt. Ziel ist es, den Pfarrer vor allem bei der Visions- und Strategiearbeit zu entlasten, so dass ihm wieder mehr zeitliche Ressourcen für die pastorale Arbeit zur Verfügung stehen.

Moderatorin Dr. Katharina Lammers, Mitglied im Prozessteam 2030+, brachte zwischendurch die Fragen und Anregungen aus dem Chat mit ein, der an diesem Abend rege genutzt wurde. Dazu zählte etwa die Frage, ob und inwiefern Ehrenamtliche die Rolle des pastoralen Koordinators oder der pastoralen Koordinatorin übernehmen können. Dies musste Dr. Hohmann mit dem Hinweis verneinen, dass sich das Projekt im ersten Schritt ausschließlich an Pastoralreferentinnen und -referenten sowie Gemeindereferentinnen und -referenten richtet. Ein Modell, in dem sich auch Ehrenamtliche an der Leitung beteiligen, sei aber zukünftig vorstellbar und durchaus angedacht.

 

Die weiteren Modelle

Das dritte Modell der Leitungsteilung, das es zu erproben gilt, geht auf Canon 517,1 des kirchlichen Gesetzbuches (Codex Iuris Canonici, CIC) zurück. Hier teilt sich ein Team bestehend aus zwei Pfarrern gemeinsam mit der Verwaltungsleitung die Verantwortung. Wie die Aufgaben in den Pastoralen Räumen aufgeteilt werden, gelte es individuell zu schauen, so Svenja Hoffmann. Hier sei keine generelle Stellenbeschreibung, sondern ein individuell abgestimmter Aufgabenzuschnitt unter den beteiligten Priestern geplant.

Zuletzt gibt es das Modell, in dem ein/e Pfarrbeauftragte/r gemeinsam mit der Verwaltungsleitung den Pastoralen Raum leitet. Unterstützt wird das Team von einem moderierenden Priester, der allerdings weitestgehend eine beratende und unterstützende Funktion einnimmt. „Es gibt in diesem Modell keine Priester mit Präsenzpflicht“, erklärte Dr. Rainer Hohmann und fügte hinzu, dass dieses Modell bereits in den Bistümern Magdeburg und Osnabrück erfolgreich praktiziert würde.

 

Der Verlauf des Projektes

Das Lernprojekt Pastorale Räume gemeinsam leiten startet im Herbst 2023, ist auf drei Jahre angelegt und wird von der Universität Paderborn begleitet und evaluiert. Am Ende steht idealerweise die Erkenntnis, unter welchen Bedingungen welches konkrete Leitungsmodell in einem Pastoralen Raum gelingen kann. Die Entscheidung über die Fortführung der verschiedenen Modelle gemeinsamer Leitung vor Ort wird durch die Bistumsleitung fallen.

Dass dieses Projekt mit Herausforderungen verknüpft ist, darin sind sich sowohl die Koordinatoren als auch die Teilnehmenden einig. Dr. Rainer Hohmann zeigte sich aber sicher, dass sich geteilte Leitungsverantwortung am Ende als große Bereicherung für alle Beteiligten erweisen werde. Dem konnte sich Svenja Hoffmann nur anschließen. „Je größer der Personenkreis, umso größer ist auch die Chance, Menschen zu finden, die leiten können und es auch wollen.“

Ausführliche Infomationen zum Projekt „Pastorale Räume gemeinsam leiten“

 

Reihe„Kultur im Wandel“

Die Online-Reihe „Kultur im Wandel“ möchte interessierte Menschen in den Austausch bringen und Anregungen zur Umsetzung im eigenen Umfeld bieten.

Das nächste Online-Forum findet am Montag, 25. September 2023 von 19 bis 20 Uhr statt. Der Abend steht unter dem Titel „Schule als Pastoraler Ort“.

Mehr Informationen und Anmeldung

Die Teilnahme ist kostenfrei. Herzliche Einladung!

 

Ein Beitrag von: Anna Petri, freie Mitarbeiterin
Erzbischöfliches Generalvikariat, Abteilung Kommunikation, Team Redaktion