"Herzlich willkommen – aber AHA!“

Pastoral unter Corona-Bedingungen

Der Lockdown im Frühjahr, von dem auch die Kirchen betroffen waren, ist nun schon eine Weile her. Von Normalität kann in den Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen jedoch keine Rede sein, schon gar nicht angesichts steigender Infektionszahlen. Hygiene- und Abstandsregeln müssen eingehalten werden und drücken allen Angeboten, die Kirche macht, ihren Stempel auf. Kann es trotzdem eine Willkommenskultur und echte Begegnung geben? Darüber sprachen vier Frauen und Männer zum Auftakt der Online-Seminarreihe „Kultur im Wandel“, die nun monatlich stattfinden soll. „Herzlich willkommen – aber AHA!“ lautete der Titel der Veranstaltung. 36 Haupt- und Ehrenamtliche nahmen via Internet teil und verfolgten die Beiträge des virtuellen Podiums. Per Chat hatten sie die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu kommentieren.

 

"Wenn man einen sicheren Rahmen bieten kann, ist vieles möglich"

Georg Hunold, Geschäftsführer des Jugendhofs Pallotti in Lennestadt, berichtete, dass gerade in der Jugendarbeit echte Nähe wichtig sei. Es sei zwar gut, dass es in der Zeit des Lockdowns zahlreiche digitale Angebote gegeben haben. Aber Jugendarbeit sei nun einmal im wesentlichen Beziehungsarbeit. Der Jugendhof sei die erste Jugendbildungsstätte gewesen, der seine Tore wieder geöffnet hätte. Man habe mit großer Sorgfalt ein Konzept erstellt, um wieder Menschen beherbergen zu können. Inzwischen hätten im Sommer Ferien- und Familienfreizeiten stattgefunden, die Erfahrungen seien positiv, und man lerne ständig dazu. „Man muss mutig sein und gleichzeitig streng auf die Regeln achten“, so Hunold. Es sei Kreativität nötig, damit Menschen wieder miteinander in Beziehung kommen, und gleichzeitig auch ein sicheres Konzept.

Von guten Erfahrungen konnte auch Dorothee Holzapfel berichten, stellvertretende Leiterin der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung Arnsberg. Die KEFB sei seit Juni wieder aktiv: Es gäbe in den Räumlichkeiten wieder Angebote wie Vorträge und Seminare, allerdings unter Corona-Bedingungen, was etwa eine geringere Teilnehmendenzahl bedeute, eine vorherige Anmeldepflicht sowie natürlich die Befolgung des Hygienekonzeptes. Als neue Formate seien digitale Angebote hinzugekommen, die eine deutlich höhere Reichweite erzielten. Und da eine Reihe von Veranstaltungen nicht stattfinden könnten, engagiere man sich zunehmend auch in Projekten, etwa in Kooperation mit Dekanaten. „Wenn man einen sicheren Rahmen bieten kann, ist vieles möglich“, so Dorothee Holzapfel.

 

Normalität haben wir noch lange nicht"

Kristina Sobiech, Koordinatorin der youngcaritas in Dortmund, erzählte von vielen diakonischen Initiativen, die darauf abzielten, in Kontakt mit Menschen zu bleiben, so im März die Aktion „digitale Brieftaube“. Junge Menschen hätten Briefe geschrieben und an die youngcaritas geschickt. Von dort wurden die Schreiben dann an Senioren- und Pflegeheime weitergeleitet. „Insgesamt 300 Schreiben kamen zusammen“, so Kristina Sobiech. „Ich hoffe sehr, dass diejenigen, die die Briefe geschrieben haben, und diejenigen, die sie empfangen und gelesen haben, sich irgendwann einmal begegnen können.“ Seit Juli seien auch wieder die üblichen Projekte der youngcaritas möglich, etwa die Smartphone-Sprechstunden, in der junge Leute ältere Menschen in den Gebrauch von Smartphones oder Tablets einführen. Dazu habe man die Räumlichkeiten entsprechend der Corona-Regeln angepasst.

Pfarrer Frank Schäffer, Leiter der Pfarrei Heiligste Dreifaltigkeit Beverungen, berichtete davon, dass zuletzt die Feier der Erstkommunion ein großes Thema gewesen sei. Kindergottesdienste im Rahmen der normalen Sonntagsgottesdienste seien nach wie vor nicht möglich. Daher habe man diese auf einen Dienstagnachmittag gelegt – teilnehmen konnten die Kommunionkinder und jeweils ein Elternteil. Außerdem gehe es in der Pfarrei stets um einen Ausgleich zwischen jenen Stimmen, die vorsichtig und besorgt seien und jenen Stimmen, die eher drängeln und wieder mehr zulassen wollen. „Normalität haben wir noch lange nicht“, so der Pfarrer. Veranstaltungen mit Senioren, einer Risikogruppe also, fielen nach wie vor weitgehend aus, während in der Jugendarbeit wieder viel laufe und auch der Beverunger Tisch (Tafel) wieder geöffnet habe.

 

Die Gefahr, ein Hotspot zu werden, kann stark begrenzt werden

In dem anschließenden Austausch wurde der Kreis der Zuhörenden dazu ermutigt, wieder das anzubieten, was möglich sei, und sich gegebenenfalls Unterstützung bei verschiedenen Kooperationspartnern zu holen, etwa wenn es um ein sicheres Hygienekonzept gehe. Gerade die Chatbeiträge machten deutlich, dass manche Initiativen auch ausgebremst werden, weil man in manchen Pfarreien und Einrichtungen noch nicht viel zulasse – dies werde im Erzbistum sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Furcht, ein Corona-Hotspot zu werden, sei zwar verständlich, aber wenn man ein sicheres Hygienekonzept habe und strikt auf dessen Einhaltung achte, könne diese Gefahr stark begrenzt werden.

Die Moderation des Webinars hatte Dr. Annegret Meyer übernommen, Leiterin der Abteilung „Glauben im Dialog“, die das Online-Seminar in Kooperation und Trägerschaft des Bildungs- und Tagungshauses Liborianum anbot.

 

Der nächste Termin steht schon fest:

Am Montag, 26. Oktober, geht es um das Thema “Damit die Kirche nicht rat-los wird. Gremien der Mitverantwortung zwischen Lust und Frust”. Auf dem Podium sitzen dann Barbara Knoppe, Dekanatsreferentin in Dortmund, Pater Werner Vullhorst OSB aus dem Pastoralteam Arnsberg, Matthias Kolk aus dem Referat Rätearbeit im Erzbischöflichen Generalvikariat und ein Pfarrgemeinderatsmitglied (N.N.).

 

Ein Beitrag von:
Dr. Claudia Nieser